Das tautologische Denken im Lehrgedicht des Parmenides

De (autor): Marcel Hosu

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Das tautologische Denken im Lehrgedicht des Parmenides - Marcel Hosu

Das tautologische Denken im Lehrgedicht des Parmenides

De (autor): Marcel Hosu

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Nach langeren Auseinandersetzungen mit dem Gedicht des Parmenides schien eine von mir anfanglich vernachlassigte und jedoch stets befremdende Frage meine Arbeit unablassig zu verfolgen. Nicht allein als gerechtfertigte Fragestellung der reichen Tradition der Parmenidesinterpretationen, sondern auf einer personlichen Ebene keimte der Wunsch, die Frage nach dem Sinn der Tautologie wieder aufzunehmen.
Warum Tautologie, diese offensichtlich wenig sagende Formulierung? Entweder als unnotige Wiederholung betrachtet oder als gemeinsame Charakteristik wahrer Satze, sollte die Tautologie nicht nur als erledigtes Problem erscheinen, sondern auch aller Reizbarkeit entleert sein.
Eine erste Rechtfertigung dieser Beschaftigung kam zu mir aus einer oberflachlichen Analyse der Sprache: Die Kraft der Tautologie besteht in der latenten Fahigkeit, das gewohnliche Sprechen zu durchbrechen. Ist es nicht befremdend, das Eine in einem Satz zweimal auszusagen? Wie sind wir dieser Eigentumlichkeit taub geworden?
 
Betrachten Sie zum Beispiel wie manchmal Sportler, welche eine Bewegung falsch machen, diese Fehlbewegung unmittelbar danach bewusst oder unbewusst wiederholen. Die gelungene Bewegung oder das gelungene Wort benotigte keine Wiederholung, sondern wurde das Ziel unmittelbar treffen.
Was ist unterschiedlich in der Verdoppelung einer Tautologie? Das Eine wird benannt. Durch das Wort und im Wort kommt das Eine zu sich selbst und wird zugleich offenbart. Somit musste im Idealfall das hinweisende Sprechen, welches Seiendes als es selbst offenbart, mit einem Wort zum Ende kommen, und im Klingen des Wortes das Seiende selbst sein lassen. Alles gewohnliche Sprechen erfolgt jedoch in Satzen, in denen das Subjekt des Sprechens, oder das Gemeinte, notwendigerweise durch Pradikate oder Attribute erlautert wird. Das in den Satzen Ausgesprochene, oder das Subjekt, bleibt jedoch meist im Sprechen verborgen. Diese traditionsreiche Einsicht und zugleich Kritik der Sprache mochte ich hier nicht weiter erlautern, ich werde darauf ganz am Ende meiner Untersuchung nochmals Bezug nehmen.
Ich mochte aber mittels dieser Idee schon das Sonderbare der Tautologie erklaren. Ist die Tautologie nicht wegen ihrer Verdopplung der einfachste Hinweis auf ein ›ursprunglicheres‹ Sprechen und auf das offenbarende Wort?

Das Ausgesagte wird nicht bloß ausgesagt, sondern kommt wieder auf, an der Stelle wo es erganzt oder erklart werden soll. Dies erfolgt in der Tautologie aus einem doppelten Grund. Einerseits wird dadurch auf die Wahrheit des Gesagten hingedeutet, Wahrheit welche per definitionem keine Erganzung benotigte, andererseits aber wird dadurch das gewohnliche Sprechen, hinsichtlich seiner Kapazitat Wahres auszusagen, in Frage gestellt und zur Kritik geoffnet. Die Tautologie ist deswegen, ahnlich der Dichtung, Ort des Durchbruches aus der Gewohnlichkeit des Sagens. Die Tautologie bestatigt die Kraft und die Wahrheit des Sagens und kritisiert zugleich die Schwache und Unwahrheit desselben: Identitat und Wiederholung. - Marcel Hosu
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Nach langeren Auseinandersetzungen mit dem Gedicht des Parmenides schien eine von mir anfanglich vernachlassigte und jedoch stets befremdende Frage meine Arbeit unablassig zu verfolgen. Nicht allein als gerechtfertigte Fragestellung der reichen Tradition der Parmenidesinterpretationen, sondern auf einer personlichen Ebene keimte der Wunsch, die Frage nach dem Sinn der Tautologie wieder aufzunehmen.
Warum Tautologie, diese offensichtlich wenig sagende Formulierung? Entweder als unnotige Wiederholung betrachtet oder als gemeinsame Charakteristik wahrer Satze, sollte die Tautologie nicht nur als erledigtes Problem erscheinen, sondern auch aller Reizbarkeit entleert sein.
Eine erste Rechtfertigung dieser Beschaftigung kam zu mir aus einer oberflachlichen Analyse der Sprache: Die Kraft der Tautologie besteht in der latenten Fahigkeit, das gewohnliche Sprechen zu durchbrechen. Ist es nicht befremdend, das Eine in einem Satz zweimal auszusagen? Wie sind wir dieser Eigentumlichkeit taub geworden?
 
Betrachten Sie zum Beispiel wie manchmal Sportler, welche eine Bewegung falsch machen, diese Fehlbewegung unmittelbar danach bewusst oder unbewusst wiederholen. Die gelungene Bewegung oder das gelungene Wort benotigte keine Wiederholung, sondern wurde das Ziel unmittelbar treffen.
Was ist unterschiedlich in der Verdoppelung einer Tautologie? Das Eine wird benannt. Durch das Wort und im Wort kommt das Eine zu sich selbst und wird zugleich offenbart. Somit musste im Idealfall das hinweisende Sprechen, welches Seiendes als es selbst offenbart, mit einem Wort zum Ende kommen, und im Klingen des Wortes das Seiende selbst sein lassen. Alles gewohnliche Sprechen erfolgt jedoch in Satzen, in denen das Subjekt des Sprechens, oder das Gemeinte, notwendigerweise durch Pradikate oder Attribute erlautert wird. Das in den Satzen Ausgesprochene, oder das Subjekt, bleibt jedoch meist im Sprechen verborgen. Diese traditionsreiche Einsicht und zugleich Kritik der Sprache mochte ich hier nicht weiter erlautern, ich werde darauf ganz am Ende meiner Untersuchung nochmals Bezug nehmen.
Ich mochte aber mittels dieser Idee schon das Sonderbare der Tautologie erklaren. Ist die Tautologie nicht wegen ihrer Verdopplung der einfachste Hinweis auf ein ›ursprunglicheres‹ Sprechen und auf das offenbarende Wort?

Das Ausgesagte wird nicht bloß ausgesagt, sondern kommt wieder auf, an der Stelle wo es erganzt oder erklart werden soll. Dies erfolgt in der Tautologie aus einem doppelten Grund. Einerseits wird dadurch auf die Wahrheit des Gesagten hingedeutet, Wahrheit welche per definitionem keine Erganzung benotigte, andererseits aber wird dadurch das gewohnliche Sprechen, hinsichtlich seiner Kapazitat Wahres auszusagen, in Frage gestellt und zur Kritik geoffnet. Die Tautologie ist deswegen, ahnlich der Dichtung, Ort des Durchbruches aus der Gewohnlichkeit des Sagens. Die Tautologie bestatigt die Kraft und die Wahrheit des Sagens und kritisiert zugleich die Schwache und Unwahrheit desselben: Identitat und Wiederholung. - Marcel Hosu
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